Marktkommentar-Archiv

In unserem Archiv finden Sie chronologisch geordnet alle bisher erschienenen Marktkommentare von Claus Vogt. Wir wünschen Ihnen eine unterhaltsame und gewinnbringende Lektüre.

Ähnliche Signale wie vor Beginn der Weltwirtschaftskrise 1929

Liebe Leser,

vorige Woche habe ich Sie bereits darauf aufmerksam gemacht, wie sehr sich die Lage an den Aktienmärkten zugespitzt hat. Nun hat sich eine besonders strenge Version eines Indikators der quantitativen Analyse zu Wort gemeldet, der seit dem Jahr 1900 zuvor nur ein einziges Verkaufssignal gegeben hatte. Das war im August 1929.

Am 3. September jenes schicksalhaften Jahres erreichte der Dow Jones Industrial Average mit 386 Punkten das Hoch seiner damaligen Hausse. Es folgte der berühmte Oktober-Crash, in dessen Verlauf der Index um 50% abstürzte. Doch das war nur der Anfang. Nach einer mehrmonatigen Zwischenerholung ging es bis Mitte 1932 noch viel weiter nach unten. Am Ende dieser verheerenden Baisse war der Dow um 89% gefallen und die Weltwirtschaftskrise nahm ihren Lauf.

Die undankbare Aufgabe Kassandras

Liebe Leser,

diese Woche titelte ein deutsches Börsenmagazin zu meinem Erstaunen: „CRASH = Ihre 100% Chance: Knallt’s jetzt?“ und begibt sich damit in die mit Abstand schwierigste Disziplin der Finanzmarktanalyse. Diese besteht in der Prognose bedeutender oberer Wendepunkte der Aktienmärkte. Viel einfacher ist es, immer steigende Kurse vorherzusagen und jeden Kursrückgang als Kaufgelegenheit zu bezeichnen.

Das Erkennen des Endpunktes einer Hausse gelingt hingegen nur wenigen, wie die Beispiele der Jahre 2000, 2007 und 2012 zeigen. Damals waren wir mit unseren sehr klaren Warnungen Rufer in der Wüste. Weil es außerordentlich schwierig ist, entscheidende Wendpunkte zu erkennen, stellen sich die meisten Analysten dieser Herausforderung erst gar nicht. Darüber hinaus gibt es aber noch weitere gewichtige Gründe, warum die meisten Analysten immer bullish sind.

Ben Bernanke lobt den Tag schon vor dem Abend

Liebe Leser,

einem Pressebericht zufolge soll der ehemalige Fed-Präsident Ben Bernanke im amerikanischen Fernsehen gesagt haben, die Kritiker seiner ultralaxen Geldpolitik schuldeten ihm eine Entschuldigung. „Werden Sie sich demnächst bei Helikopter-Ben entschuldigen?“, hat mich daraufhin ein Leser meines Börsenbriefes Krisensicher Investieren per E-Mail gefragt.

Um die Antwort auf diese ironisch gemeinte Frage vorwegzunehmen: Nein, denn bekanntlich soll man den Tag nicht vor dem Abend loben, und genau das ist es, was der inzwischen als Berater eines großen Hedgefonds tätige Ex-Zentralbankchef Bernanke hier tut.

Tatsächlich bin ich gemeinsam mit Roland Leuschel schon in unserem 2003 erschienenen Buch „Das Greenspan Dossier“ mit der Geldpolitik des damaligen Fed-Präsidenten Greenspan und ausdrücklich auch mit den geldpolitischen Thesen Bernankes scharf ins Gericht gegangen. Schließlich gehörten wir Ende der 1990er Jahre zu den ganz wenigen Analysten, die die verheerenden Folgen, die diese Politik haben würde, klar erkannten – während Greenspan und Bernanke den heraufziehenden Sturm nicht sehen konnten, und zwar weder im Jahr 2000 noch in 2007/08.

Große Diskrepanz zwischen euphorischer Hoffnung und ernüchternden Fakten

Liebe Leser,

während die Trump-Euphorie die US-Stimmungsindikatoren und mit ihnen die Zuversicht der immer bullishen Wall-Street-Ökonomen in die Höhe getrieben hat, zeigen die harten realwirtschaftlichen Fakten ein ganz anderes Bild. Nie zuvor war die damit zum Ausdruck kommende Diskrepanz zwischen Hoffnung und Realität größer als in den Monaten seit der Wahl von Donald Trump.

Diese kuriose Entwicklung habe ich hier schon mehrmals thematisiert und auf das mit ihr einhergehende große Enttäuschungspotenzial hingewiesen, sobald die unrealistischen Hoffnungen enttäuscht werden. Es sieht ganz danach aus, als könnte die Ernüchterung bald einsetzen, und zwar mit der Bekanntgabe des US-Wirtschaftswachstums im ersten Quartal 2017.