Neue Berechnungsmethode steigert das US-Bruttoinlandsprodukt- 02.08.2013

Neue Berechnungsmethode steigert das US-Bruttoinlandsprodukt

Ein Plus von 551 Milliarden Dollar

Weltweit wird das Bruttoinlandsprodukt (BIP) als die maßgebliche Größe zur Berechnung des Wirtschaftswachstums verwendet. Das BIP „misst den Wert der im Inland hergestellten Waren und Dienstleistungen, soweit diese nicht als Vorleistungen für die Produktion anderer Waren und Dienstleistungen verwendet werden“, erfahren wir auf der Homepage des Statistischen Bundesamts.

Wie sinnvoll die Kennzahl BIP zur Beurteilung der ökonomischen Lage einer Volkswirtschaft tatsächlich ist, möchte ich hier nicht diskutieren. Es soll der Hinweis genügen, dass rund ein Drittel des ausgewiesenen BIP auf statistischen Annahmen, Modellierungen, Anpassungen und Bereinigungen beruht, und somit nur einen sehr vagen Realitätsbezug hat.

Ganz in diesem Sinne wurde per 31. Juli 2013 die Methode zur Berechnung des US-Bruttoinlandsprodukts einer großen Revision unterzogen. Auch hier werde ich Ihnen die Details ersparen und gleich auf das Ergebnis zu sprechen kommen: Nach der alten Methode betrug das US-BIP im ersten Quartal 2013 15,984 Billionen Dollar. Nach der neuen Methode sind es 16,535 Billionen. Wie durch Zauberhand ist die US-Wirtschaftsleistung ab sofort also um stattliche 551 Milliarden Dollar größer als bisher.

Grund zur Freude bei den Staatsschuldenmachern

Über dieses Ergebnis werden sich wohl vor allem die exzessiven Staatsschuldenmacher freuen. Denn als relevante Größe zur Beurteilung der Staatsverschuldung wird fast immer die Verschuldung in Prozent des BIP herangezogen. Je größer das BIP, desto geringer erscheint die Schuldenlast.

Nun ist der Königsweg aus der Staatsschuldenfalle natürlich Wirtschaftswachstum. Das wissen wahrscheinlich auch manche Politiker. Deshalb würde es mich in diesen irrwitzigen planwirtschaftlich geprägten Zeiten nicht wundern, wenn Politiker nun darauf hoffen, dass es den im Staatsdienst stehenden Statistikern gelingt, mit simuliertem Wirtschaftswachstum den Weg aus der Schuldenfalle zu ebnen.

Mir zumindest erscheint diese Idee in etwa auf derselben intellektuellen Ebene angesiedelt zu sein wie der Glaube an die Gelddruckmaschine. Wenn ich mich recht erinnere, wiesen auch die UdSSR und die DDR Jahr für Jahr Wirtschaftswachstum aus. Die Führer dieser planwirtschaftlich verfassten Staaten konnten sich damit so lange als "erfolgreich“ gebärden, bis sie „plötzlich“ bankrott und am Ende waren. Bezeichnenderweise glaubte man damals auch im Westen den im Osten veröffentlichten Statistiken.

Die Inflation hat einen großen Einfluss auf das BIP

Die beiden Glaubensrichtungen „Wohlstand durch die Gelddruckmaschine“ und „Wachstum durch neue Berechnungsmethoden“ ergänzen sich übrigens hervorragend. Denn das viel beachtete BIP ist eine reale, das heißt inflationsbereinigte Größe. Zu ihrer Berechnung wird die offizielle Inflationsrate von den nominellen Rohdaten abgezogen. Die Höhe der in Abzug gebrachten Inflation hat also einen entscheidenden Einfluss auf das reale BIP.

In den USA gibt es einen Analysten, der sich bereits seit Jahren dem heiklen Thema der modernen Inflationsberechnung annimmt, John Williams von Shadow Government Statistics (www. shadowstats.com). Seine Arbeit liefert überaus interessante Einsichten, die durchaus dazu geeignet sein mögen, den Glauben an staatliche Statistiken zu erschüttern.

Die offizielle Berechnungsmethode erfuhr seit den 1980er Jahren zahlreiche Veränderungen, auf die ich an dieser Stelle nicht näher eingehen möchte. Auch hier soll das Ergebnis genügen: Wenn die Inflationsrate konstant nach derselben Methode berechnet wird wie in den 70er Jahren, dann liegt das Ergebnis regelmäßig um mehrere Prozentpunkte höher als nach der jeweils tatsächlich angewandten Berechnungsmethode.

Die folgende Grafik zeigt Ihnen den Verlauf der US-Inflationsrate sowohl nach der offiziell verwendeten (rot) als auch nach der alten Berechnungsmethode (blau). Wie Sie sehen, beträgt die Differenz der beiden Zeitreihen seit Ende der 90er Jahre rund 5%-Punkte und mehr. John Williams und andere kritische Stimmen sprechen deshalb von einem systematisch zu niedrigen Ausweis der Inflationsrate.

Kommen wir nun auf den oben dargestellten Zusammenhang zwischen BIP und Inflationsrate zurück. Er führt dazu, dass das ausgewiesene Wirtschaftswachstum umso höher ausfällt, je niedriger die bei der Berechnung des BIP in Abzug gebrachte Inflationsrate ist.

US-Inflationsrate in % (blau: alte Berechnungsmethode; rot: neue, offizielle Methode), 1981 bis 2013
Kritiker behaupten, dass die Inflationsrate systematisch zu niedrig ausgewiesen wird.
Quelle: Quelle: www. shadowstats.com

Die Interessenlage ist eindeutig

An dieser Stelle drängt sich natürlich die Frage auf, ob es jemanden geben mag, der ein Interesse daran hat, die Inflationsrate niedriger auszuweisen als sie ist oder das Wirtschaftswachstum höher oder sogar beides.

Tatsache ist, dass zumindest in den USA zahlreiche Sozialleistungen mehr oder weniger eng an die Inflationsrate gekoppelt sind. Die Regierung dieses systematisch klammen Staates dürfte deshalb ein Interesse daran haben, dass die offizielle Inflationsrate möglichst niedrig ausgewiesen wird.

Tatsache ist auch, dass das Wählerverhalten stark von der konjunkturellen Lage beeinflusst wird. Je besser die Zeiten, das heißt je höher das Wirtschaftswachstum, desto größer sind die Chancen der jeweiligen Regierung, erneut gewählt zu werden. Das ist der Grund, warum Konjunkturprogramme im richtigen zeitlichen Abstand vor Wahlen bei Regierungen so beliebt sind.

Ich wünsche Ihnen ein weiteres sommerliches Wochenende. Es ist übrigens bereits das letzte vor Beginn des neuen Schuljahres in Berlin,

Herzliche Grüße,

Ihr

P.S.: Früher wurde Inflation nicht als Preisveränderung eines nahezu beliebig manipulierbaren Warenkorbs definiert, sondern als Geld- und Kreditmengenwachstum. Preisveränderungen eines Warenkorbs sind in diesem Fall nur ein Symptom, eine Folge inflationärer Politik.

Was machen eigentlich … meine Steuergroschen?

Dienstwohnungen in Nouakchott

Autor: Gotthilf Steuerzahler

Liebe Leserinnen und Leser,

die Welt der Diplomatie umweht noch immer ein Hauch von Vornehmheit und Exklusivität. Man denkt an hochrangige Besucher, an festliche Empfänge und Cocktailpartys, auf denen unsere Diplomaten tapfer die deutschen Interessen vertreten, an distinguierte Botschafter in prächtigen Residenzen. Wen wundert es folglich, dass es in Deutschlands Botschaften gelegentlich etwas großzügiger zugeht als ansonsten im Staatsdienst.

So wurde kürzlich bekannt, dass das deutsche Außenministerium auf dem Botschaftsgelände in Nouakchott fünf Dienstwohnungen erbauen ließ. Für 3,5 Millionen Euro. In Nouakchott? Sie wissen nicht, wo das liegt? In Mauretanien! Nouakchott ist die Hauptstadt von Mauretanien! Sie wissen auch nicht so ganz genau, wo Mauretanien liegt? Na sagen wir mal südlich von Marokko. Ist nicht sehr bekannt, dieses Mauretanien.

 

700.000 Euro Baukosten pro Wohnung

Deutsche Exporte dorthin? Sollen sehr gering sein. Deutsche Touristen gehen auch kaum hin. Erstens ist da Wüste und zweitens soll es Terrorismus in der Gegend geben. Also besser wegbleiben. Aber eine deutsche Botschaft gibt es da, wie in jeder anderen Hauptstadt weltweit, das ist doch selbstverständlich.

Nun waren das keine Dienstwohnungen für die Führungskräfte der Botschaft. Nein, für Beschäftigte des einfachen und mittleren Dienstes wurde gebaut, also für die beiden untersten Kategorien in der Beamtenhierarchie. Vier Wohnungen zu jeweils 182 m² Wohnfläche, bei der fünften waren es 204 m². Kostenpunkt: Stolze 700.000 Euro pro Wohnung. Gebaut wurde in Fertigbauweise.

Die Bauteile wurden aus Deutschland eingeführt

Warum so teuer, werden Sie vielleicht fragen, liebe Leserinnen und Leser, kann man denn in Entwicklungsländern nicht besonders billig bauen, wo doch die Menschen dort so wenig verdienen und das Preisniveau entsprechend niedrig ist? So dachte auch die Botschaft in Nouakchott und schlug vor, ein einheimisches Unternehmen mit dem Bau der Wohnungen zu beauftragen. Dies wurde jedoch vom Außenministerium in Berlin brüsk abgelehnt: Deutschen Beamten, auch im hintersten Winkel der Welt, stehe deutsche Qualität zu! Also wurden in Deutschland hergestellte Fertigbauteile nach Mauretanien verschifft und dort von 35 aus Deutschland eingeflogenen Handwerkern zusammengesetzt. Ein lokales Unternehmen durfte die Bodenplatten für die Wohnungen bauen und die Versorgungsleitungen verlegen. Immerhin!

Schlechte Sicherheitslage in Nouakchott

Als Kritik an den hohen Kosten der Baumaßnahme und überzogenen Wohnungsgröße laut wurde, rechtfertigte sich das Außenministerium mit der schlechten Sicherheitslage in Nouakchott und der Terrorismusgefahr in Mauretanien. Die großzügige Flächenausstattung der Dienstwohnungen sei erforderlich gewesen, um die eingeschränkte Bewegungsfreiheit vor Ort und die schlechten klimatischen Bedingungen auszugleichen. Ja wenn das so ist, ich verstehe!

Eine Frage in diesem Zusammenhang lässt mir jedoch keine Ruhe, liebe Leserinnen und Leser. Wenn schon die kleinen Beamten so nobel untergebracht werden, auf wie viel Quadratmetern mag da wohl der Botschafter in Nouakchott residieren, bei dem dortigen Klima und den drohenden terroristischen Aktivitäten? Dazu konnte ich leider nichts in Erfahrung bringen.

Der Auswärtige Dienst ist nicht mehr zeitgemäß

Wenn ich gefragt würde, aber mich fragt ja keiner, würde ich vorschlagen, den ganzen Botschaftskram stark herunterzufahren. Was tun die teuren Herrn Botschafter eigentlich Bedeutungsvolles, wo doch unser Außenminister und auch die Kanzlerin dauernd weltweit unterwegs sind und alle wichtigen Gespräche selbst führen? Brauchen wir im Zeitalter von Internet und Skype überall in der Welt noch teure Außenposten wie zu Zeiten der Postkutsche? Sollten sich die vielen europäischen Kleinstaaten, zu denen ich auch Deutschland rechne, nicht besser auf gemeinsame Botschaften verständigen, statt überall eigene Auslandsvertretungen vorzuhalten?

Rund 230 Botschaften und Konsulate in aller Welt leistet sich die Bundesrepublik Deutschland zurzeit, bevölkert von mehr als 4.600 deutschen Beamten und rd. 5.000 Ortskräften. Hinzu kommen rund 2.200 Mitarbeiter im Außenministerium in Berlin. Kosten des Auswärtigen Dienstes pro Jahr: Mehr als eine Milliarde Euro!

Selbst im Außenministerium spricht man verschämt davon, dass der diplomatischen Dienst an Bedeutung verloren habe. Bis diese Erkenntnis zu Konsequenzen führen wird, d.h. bis es zu einer Reduzierung des diplomatischen Dienstes kommt, werden wir sicher noch eine Weile warten müssen. Das weiß aus Erfahrung

Ihr

Gotthilf Steuerzahler