US-Wirtschaft auf dem Weg in die Rezession- 28.06.2013

US-Wirtschaft auf dem Weg in die Rezession

Eine geldpolitische Wende steht nicht bevor

Die Zinsen mittel- und langfristiger US-Staatsanleihen haben im August vorigen Jahres ein Allzeittief erreicht. Seither sind sie trotz der massiven Anleihekäufe der Zentralbank gestiegen. Dieser Zinsanstieg hat sich in den vergangenen Tagen deutlich beschleunigt. In der Presse werden die jüngsten Äußerungen von Fed-Präsident Ben Bernanke dafür verantwortlich gemacht, die allenthalben als Ankündigung einer geldpolitischen Wende interpretiert werden.

Ich teile diese Sichtweise nicht. Bernanke hat jedenfalls nichts dergleichen gesagt oder auch nur angedeutet. Seine Ausführungen lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Vielleicht, eventuell und unter Umständen könnte der Umfang des laufenden Quantitative Easing-Programms - also der Einsatz der Gelddruckmaschine zum Kauf von Staatsanleihen und Hypothekenanleihen - möglicherweise etwas verringert werden; vielleicht aber auch nicht. Letztlich hänge weiterhin alles von der Entwicklung der US-Wirtschaft ab.

Diese Ausführungen sind offensichtlich völlig belanglos, und sie sind alles andere als neu. Sie sind typisches Zentralbankbürokraten-Kauderwelsch, das die Public Relations- oder Propaganda-Profis stets verwenden, wenn sie reden wollen, ohne etwas sagen zu müssen. Es bedarf schon großer Phantasie, um aus diesem Gefasel die Ankündigung einer geldpolitischen Wende herzuleiten.

Steigende Zinsen findet Professor Bernanke rätselhaft

Aus charttechnischer Sicht spricht alles für eine vollzogene Trendwende an den Rentenmärkten. Der Zinschart zeigt eine wohlgeformte Bodenformation, die durch einen Ausbruch nach oben beendet wurde. Diese Konstellation signalisiert den Beginn eines Aufwärtstrends, also weiter steigende Zinsen.

Interessanterweise sind die Zinsen trotz der massiven Marktmanipulationen der Zentralbanken in den vergangenen Monaten bereits deutlich gestiegen. US-Zentralbankpräsident Bernanke nannte diesen Zinsanstieg vor wenigen Tagen rätselhaft. Die eigentlich banale Feststellung, dass sich die Marktkräfte nicht dauerhaft durch die Gelddruckmaschine außer Kraft setzen lassen, scheint den Professor offenbar zu überraschen. Ich bin sicher: Er wird sich in den kommenden Monaten und Jahren noch häufiger wundern.

Zinssatz 10-jähriger US-Staatsanleihen, 2011 bis 2013
Der Chart zeigt eine abgeschlossene Bodenformation und signalisiert damit eine Zinswende.
Quelle: Quelle: www.decisionpoint.com

US-Wirtschaft am Rande der Rezession

Dass keine geldpolitische Wende bevorsteht, gilt umso mehr, da Bernanke es erneut für notwendig hielt, auf die Selbstverständlichkeit hinzuweisen, dass geldpolitische Entscheidungen von der Konjunkturentwicklung abhängen. Dass Bernanke die Wahrscheinlichkeit einer bald beginnenden Rezession in den USA gering schätzt, sollte niemanden wundern. Schönfärberei ist schließlich Teil seines Jobs. In diesem Zusammenhang verweise ich auf seine geradezu grotesken Fehleinschätzungen der Wirtschaftslage in 2008 und der Auswirkungen der Immobilienblase. Diese erstaunliche Fehlleistung des mächtigsten Notenbankers der Welt habe ich vorige Woche in meinem Newsletter thematisiert.

Tatsache ist, dass sich die US-Wirtschaft am Rande einer Rezession bewegt. Der Einkaufsmanagerindex ist im Mai auf 49,0 Punkte gefallen, also unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten. Und selbst im viel gelobten ersten Quartal dieses Jahres betrug das Wachstum des US-Bruttoinlandsprodukts (BIP) gerade einmal 1,8%. Die erste offizielle Schätzung ging übrigens von 2,5% aus. Sie wurde seinerzeit mit viel Hurra begrüßt und als entscheidende Trendwende nach dem schwachen vierten Quartal 2012 gefeiert.

Veränderung des US-BIP in % gegenüber Vorjahresquartal, 1948 bis 2013
Die US-Wirtschaft befindet sich am Rande einer Rezession.    (Die grauen Balken kennzeichnen Rezessionen.)
Quelle: Quelle: St. Louis Fed

Der Chart zeigt Ihnen die Veränderung des US-BIP in Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Die grauen Balken kennzeichnen Rezessionen. Die rote Horizontale markiert den aktuellen Stand von 1,6%. Wie Sie sehen, befand sich die US-Wirtschaft normalerweise direkt auf dem Weg in eine Rezession, sobald ein Rückgang auf dieses Niveau stattgefunden hatte.

Der Chart zeigt Ihnen die Veränderung des US-BIP in Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Die grauen Balken kennzeichnen Rezessionen. Die rote Horizontale markiert den aktuellen Stand von 1,6%. Wie Sie sehen, befand sich die US-Wirtschaft normalerweise direkt auf dem Weg in eine Rezession, sobald ein Rückgang auf dieses Niveau stattgefunden hatte.

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Die roten Pfeile weisen auf die drei interessanten Ausnahmen von dieser Regel hin: Im dritten Quartal 1956 fiel diese Kennzahl auf 0,8%. Danach erholte sie sich aber wieder, und die Rezession begann erst Ende 1957. Eine ähnliche Konstellation zeigte sich 2007. Im ersten Quartal fiel die Kennzahl auf 1,2% und erholte sich dann wieder. Die Rezession begann im Dezember 2007. Die dritte Ausnahme zeigte sich im dritten Quartal 2011, als die Kennzahl mit 1,6% denselben Wert erreichte wie im ersten Quartal dieses Jahres.

Zu einer Rezession ist es bisher allerdings noch nicht gekommen. Vermutlich haben die extremen geldpolitischen Maßnahmen und Manipulationen, die seither umgesetzt wurden, den Beginn dieser Rezession verzögert.

Gemessen an der hier betrachteten Kennzahl „Veränderung des US-BIP in Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal“ ist eine Rezession in den USA mehr als überfällig. Eine schwache Konjunktur wird die Zentralbanknomenklatura unter Führung von Ben Bernanke mit einer Fortsetzung ihrer ultra-expansiven Geldpolitik beantworten.

Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende,

Herzliche Grüße,

Ihr

P.S.: Steigende Zinsen an den Rentenmärkten sind nicht nur Gift für Aktien, sondern auch für überschuldete Staaten.