Keine "sanfte Landung" der Weltwirtschaft- 28.05.2022

Keine "sanfte Landung" der Weltwirtschaft

Liebe Leser,

inzwischen gibt es keinen Zweifel mehr daran, dass die von uns erwartete Baisse an den Aktienmärkten begonnen hat. Wie sich eine Baisse typischerweise entwickelt, haben wir Ihnen in den vergangenen Monaten ausführlich dargelegt. Diesem Drehbuch sind die Märkte bisher gefolgt und werden es vermutlich auch weiterhin tun.

Dazu sollten Sie wissen, dass die durchschnittliche Dauer einer Baisse in den vergangenen 100 Jahren 19 Monate betrug. Da der S&P 500 sein Hoch erst am 4. Januar 2022 erreicht hat, befinden wir uns rein zeitlich gesehen also immer noch in der Frühphase dieses Abwärtstrends.

Ein langer Weg nach unten steht bevor

Bestärkt wird diese Einschätzung durch die rekordhohe fundamentale Überbewertung und die ausgeprägten spekulativen Exzesse, die im Lauf dieser riesigen Spekulationsblase an den Aktien-, Anleihen- und Immobilienmärkten stattgefunden haben. Diese extremen Übertreibungen haben alle Rekorde gebrochen und sogar weit hinter sich gelassen. Darüber und was das für die jetzt begonnene Baisse bedeutet, habe ich in meinem Börsenbrief Krisensicher Investieren ausführlich berichtet.

Da wir uns erst in der Frühphase einer vermutlich schweren Baisse befinden, ist unsere im Dezember 2021 erschienene Krisensicher Investieren Themenschwerpunkt-Ausgabe „Historische Baissen und Börsencrashs. Die geldpolitische Wende der Fed und ihre Folgen“ weiterhin hochaktuell. Schauen Sie sich die dort gezeigten Charts früherer Baissen in aller Ruhe an, um einen Eindruck davon zu bekommen, was den Aktienmärkten mit hoher Wahrscheinlichkeit bevorsteht.

Nur eine Bearmarketrally

Kurzfristig sind die Aktienmärkte überverkauft, nachdem es mit dem S&P 500 sieben Wochen nacheinander abwärts ging. Damit ist die Zeit für eine größere Bearmarketrally reif, wie sie in allen großen Baissen vorkommen. Sie sorgen dafür, dass die meisten Anleger bullish bleiben und die Verkaufsgelegenheit, die ihnen Bearmarketrallys präsentieren, nicht nutzen.

Wie Sie auf dem folgenden Chart sehen, hat der S&P 500 in den vergangenen Monaten eine typische Topformation gebildet, deren Untergrenze bei 4.200 bis 4.300 Punkten verläuft (blaue Linien). Dieser Bereich ist ein typisches Kursziel für die erste Bearmarketrally, nachdem eine Topformation beendet wurde. Wenn der Index in den kommenden Tagen oder Wochen in diese Zone steigen sollte und unsere Indikatoren neue kurzfristige Warnsignale geben, werden wir den Lesern meines Börsenbriefs Krisensicher Investieren Short-Positionen empfehlen, mit denen sie von fallenden Kursen profitieren.

S&P 500, Momentum-Oszillator, 2020 bis 2022
Der Momentum-Oszillator hat im einigermaßen überverkauften Bereich nach oben gedreht. Damit signalisiert er den Beginn einer Bearmarketrally.
Quelle: stockcharts.com; krisensicherinvestieren.com

Aktienbaissen und Rezessionen

Aktienbaissen sind besonders ausgeprägt, wenn sie mit Rezessionen einhergehen oder auf Spekulationsblasen folgen. Letzteres ist hier natürlich der Fall, und ersteres wird immer wahrscheinlicher.

Im ersten Quartal 2022 ist die US-Wirtschaft auf Jahresbasis bereits um 1,5% geschrumpft, und einige unserer Frühindikatoren sind schon auf Rezessionsniveau gefallen. Darüber hinaus sind die Ergebnisse der großen Einzelhandelsfirmen, darunter auch Amazon, schwach ausgefallen, was viele bullishe Analysten überrascht hat. Gleichzeitig haben die Käufe auf Kredit deutlich zugenommen. Diese Kombination deutet ebenfalls auf einen Abschwung hin. Hier wird die negative Wirkung hoher Inflationsraten auf den Konsum sichtbar.

Lassen Sie sich nichts vorgaukeln

Dass Fed-Präsident Powell und seine Mannschaft trotzdem keine Rezession erwarten, sondern lautstark eine „sanfte Landung“ der Wirtschaft prognostizieren, ist reines Wunschdenken. Davon sollten Sie sich nicht in die Irre führen lassen. Das gilt umso mehr, da die riesigen Spekulationsblasen an den Aktien- und Immobilienmärkten für entsprechend große realwirtschaftliche Fehlentwicklungen und Ungleichgewichte gesorgt haben. Folglich wird ihr bevorstehendes Ende nicht ohne schwere volkswirtschaftliche Folgen bleiben.

Lassen Sie sich von den Sirenengesängen der Fed nicht einlullen. Die Zeichen an der Wand sind klar. Deshalb sollten Sie sich auf die Aktienbaisse vorbereiten und den langfristigen Kaufsignalen folgen, die der Edelmetallsektor gegeben hat.

Die Minenaktien sind zwar noch einmal in den unteren Bereich ihrer großen Seitwärtsbewegung zurückgekommen. Das ändert aber nichts an dem sehr bullishen mittel- und langfristigen Bild des Sektors, der schon wieder neue kurz- und mittelfristige Kaufsignale gegeben hat. Mehr dazu lesen Sie in der am Dienstag, den 31. Mai 2022 erscheinenden Monatsausgabe meines Börsenbriefes Krisensicher Investieren – jetzt 30 Tage kostenlos testen.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende,

Herzliche Grüße,

Ihr

P.S.: Nach dem Platzen der Technologieblase kamen die Aktienmärkte kräftig unter die Räder, während der Goldpreis und die Kurse der Minenaktien stark stiegen. Meine Analysen deuten darauf hin, dass es auch jetzt wieder so sein wird.

Was machen eigentlich ... meine Steuergroschen?

Stark steigende Ausgaben beim Kindergeld für volljährige Kinder

Wo sind sie denn nur hingekommen, meine Steuergroschen?
Autor: Gotthilf Steuerzahler

Liebe Leserinnen und Leser,

in Deutschland erhalten Eltern Kindergeld oder Kinderfreibeträge, um den Aufwand für den Unterhalt ihrer Kinder zu kompensieren. Das Kindergeld zahlen überwiegend die Familienkassen der Bundesagentur für Arbeit aus. Die Finanzämter berücksichtigen die Kinderfreibeträge bei der Einkommensteuerveranlagung der Eltern. Im Jahr 2011 änderte der Gesetzgeber die Voraussetzungen, unter denen volljährige Kinder beim Kindergeld bzw. steuerlich berücksichtigt werden können.

Bis zum Jahr 2011 gab es Kindergeld bzw. Kinderfreibeträge für volljährige Kinder nur, wenn deren Einkommen unter einer bestimmten Grenze blieb. Seit dem Jahr 2012 wird ein volljähriges Kind bis zum Abschluss seiner ersten Berufsausbildung berücksichtigt. Danach wird es nur berücksichtigt, wenn es nicht oder nur bis zu 20 Wochenstunden arbeitet, in einem Ausbildungsverhältnis steht oder geringfügig beschäftigt ist. Die Höhe des Einkommens des Kindes ist ohne Belang.

Nach Ansicht des Gesetzgebers war die Prüfung der Einkommensgrenze in vielen Fällen kompliziert und aufwendig. Von ihr seien nur wenige volljährige Kinder betroffen gewesen. Durch den Wegfall der Einkommensgrenze verringere sich der Verwaltungsaufwand für alle Beteiligten (Eltern und ihre volljährigen Kinder, Finanzämter und Familienkassen).

Die Ausgaben der Familienkassen für volljährige Kinder sind auf eine Milliarde gestiegen

Der Gesetzgeber nahm bei der Reform im Jahr 2011 an, dass die Anzahl der volljährigen Kinder um 70.000 Fälle zunehmen werde. Er erwartete zusätzliche Ausgaben und geringere Steuereinnahmen von insgesamt 200 Millionen Euro jährlich. Bereits im Jahr 2014 wurden 225.000 volljährige Kinder gezählt, deren Eltern zum Bezug von Kindergeld berechtigt waren. Dadurch entstanden jährliche Kindergeldausgaben von mindestens 500 Millionen Euro. Nach Schätzungen sollen sich die Ausgaben der Familienkassen für volljährige Kinder inzwischen auf rund eine Milliarde Euro erhöht haben. Die Einnahmeverluste des Staates durch die Kinderfreibeträge lassen sich nicht ermitteln.

Die Ausbildungsvergütungen sind in den vergangenen Jahren stark gestiegen

Die durchschnittlichen monatlichen Ausbildungsvergütungen sind in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen. Die Kinder erhalten in vielen Ausbildungsberufen ein Entgelt, mit dem sie ihren Lebensunterhalt selbst finanzieren können. So zahlt der öffentliche Dienst an seine Auszubildenden, Anwärter und Praktikanten Entgelte, die teilweise deutlich über dem steuerlichen Existenzminimum liegen. Entsprechendes gilt für Soldaten, die eine Ausbildung in der Bundeswehr absolvieren, und für viele dual Studierende oder Auszubildende in einer dualen Ausbildung. Gleichwohl erhalten in diesen Fällen die Eltern zusätzlich Kindergeld oder den Kinderfreibetrag.

Kommt es hier zu Mitnahmeeffekten?

Angesichts dieser Entwicklung wurden kritische Stimmen im politischen Raum laut. Die Kritiker wiesen darauf hin, dass die Zahl der hier in Rede stehenden Fälle weiter steigen werde. Sie warfen dem zuständigen Bundesfinanzministerium vor, dem Gesetzgeber nicht mitgeteilt zu haben, dass die ursprünglich erwarteten Fallzahlen weit übertroffen worden seien. Der Gesetzgeber könne nur anhand entsprechender Informationen entscheiden, ob er eine solche Entwicklung der Ausgaben für Kindergeldzahlungen auch künftig hinnehmen wolle. Die Kinder mit hohen Ausbildungsvergütungen könnten ihren Lebensunterhalt aus eigenem Einkommen bestreiten. Infolgedessen seien deren Eltern nicht mehr zum Unterhalt verpflichtet und benötigten daher keine zusätzliche Unterstützung durch das Kindergeld. Es komme hier zu beträchtlichen Mitnahmeeffekten.

Die kinderbezogenen Leistungen sollen künftig gebündelt werden

Im vorliegenden Zusammenhang hat sich eine pauschale Regelung wider Erwarten zum Vorteil vieler Bürger ausgewirkt. Viele Eltern, denen der Staat sonst bei jeder Gelegenheit in die Tasche greift, haben von der Regelung profitiert, da sollte man nicht gleich von Mitnahmeeffekten sprechen. Im Übrigen haben die Ampel-Koalitionäre in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart, alle kindbezogenen Leistungen wie auch das Kindergeld in einer Kindergrundsicherung zu bündeln. Volljährige Kinder sollen die Kindergrundsicherung direkt erhalten. Gehen wir mal davon aus, liebe Leserinnen und Leser, dass die Politik bei der Ausgestaltung der Kindergrundsicherung eine sachgerechte Lösung für volljährige Kinder finden wird, meint zustimmend

Ihr

Gotthilf Steuerzahler