Themen- 01.06.2018

Löst Italien die nächste große Krise aus?

Unsoziale Umverteilung durch die EZB

Liebe Leser,

die Europäische Zentralbank hält mit ihrer Euroverteidigung um jeden Preis einen gigantischen Umverteilungsprozess in Gang. Unter der Überschrift „Skandalöse geldpolitische Umverteilung und ihre Folgen“ habe ich diesen Prozess in meinem Börsenbrief Krisensicher Investieren ausgiebig analysiert. In Kombination mit meiner Themenschwerpunkt-Ausgabe „Quo vadis Europäische Union – Freiheit oder Knechtschaft?“ wird hier alles gesagt, was Sie zur EU und zum Euro wirklich wissen müssen, auch um die Vorgänge in Italien besser einordnen zu können.

Reaktion auf eine ungerechte Politik

Die unsoziale Politik der EZB erzeugt wenige Gewinner und viele Verlierer in allen Ländern Europas, sogar in Deutschland. Letztere sind mit diesem Ergebnis völlig zu Recht unzufrieden. Mehr und mehr artikulieren sie diese Unzufriedenheit, indem sie dem politischen Establishment die kalte Schulter zeigen.

Überraschend kommt diese Entwicklung nicht. Sobald sich mit dem Slogan „Raus aus der Währungsunion“ Wahlen gewinnen lassen, wird es auch Parteien geben, die damit in den Wahlkampf ziehen – und vielleicht sogar gewinnen. Das habe ich bereits vor einigen Jahren geschrieben, als immer deutlicher sichtbar wurde, dass die Europäische Währungsunion – im Unterschied zur EU Freihandelszone – nicht funktioniert.

Italien hat diesen kritischen Punkt jetzt erreicht

Die italienische Bevölkerung scheint den kritischen Punkt jetzt zu erreichen, an dem sie den Austritt Italiens aus der Währungsunion erzwingen will. Wie die letzten Tage bewiesen haben, wird das Establishment alles tun, um den Status quo zu verteidigen und die Gläubiger des hoch verschuldeten Landes vor Verlusten zu bewahren.

Wie lange das gelingen kann, ist völlig ungewiss. Aber eines steht jetzt schon fest: Italien hat das Potenzial, eine große europäische Krise auszulösen. Mit der Einführung des Euro hat sich Europa völlig unnötig in diese prekäre Lage manövriert. Und die ultra-laxe Geldpolitik der vergangenen Jahre hat dafür gesorgt, dass die Ungleichgewichte und Fehlentwicklungen nicht etwa beseitigt oder wenigstens reduziert wurden, sondern ganz im Gegenteil erheblich zugenommen haben.

Ihr Geld ist in Gefahr

Entsprechend groß sind jetzt die Unsicherheiten und Risiken für die europäische Wirtschaft und die europäischen Finanzmärkte, allen voran für Deutschland. Denn Deutschland hat bei einem Austritt Italiens aus der Währungsunion inzwischen am meisten zu verlieren. Durch die Anleihenkäufe der EZB und das Target 2-Verrechnungssystem der europäischen Zentralbanken würden der Bundeshaushalt und damit der deutsche Steuerzahler dreistellige Milliardenbeträge verlieren.

Darüber hinaus zeigt der Kursverlauf des DAX eine mächtige Topformation. Das sehen Sie auf dem folgenden Chart. Die rechte Schulter dieser Formation hat ihren Zenit jetzt überschritten.

DAX, 2016 bis 2018
Die große potenzielle Topformation, die der DAX hier zeigt, mahnt zu entsprechend großer Vorsicht bei deutschen Aktien.
Quelle: StockCharts.com

Passend zu den Vorgängen in Italien und der protektionistischen Politik Donald Trumps, die dem Exportweltmeister Deutschland schadet, signalisiert diese Entwicklung turbulente Zeiten für die deutsche Börse.

Gute Chancen bieten andere Regionen

In dieser von großer Unsicherheit gekennzeichneten Lage tun Sie als Anleger gut daran, Ihren Blick über die Grenzen Deutschlands hinaus zu richten. Welche Regionen und Sektoren jetzt attraktive Chance-Risiko-Verhältnisse aufweisen und welche Aktien Sie jetzt kaufen sollten, lesen Sie in in meinem Börsenbrief Krisensicher Investieren. Jetzt 30 Tage kostenlos testen.

Ich wünsche Ihnen ein erholsames Wochenende,

Herzliche Grüße,

Ihr

P.S.: Nicht nur bei den Edelmetallen gibt es starke Kaufsignale, die Sie unbedingt kennen sollten.

Was machen eigentlich ... meine Steuergroschen?

Wenn Kommunen in eine finanzielle Schieflage geraten

Wo sind sie denn nur hingekommen, meine Steuergroschen?
Autor: Gotthilf Steuerzahler

 

Liebe Leserinnen und Leser,

Städte und Gemeinden überschätzen häufig ihre finanziellen Möglichkeiten und geraten dann in eine Schieflage. Das Krisenmanagement in diesen Fällen ist jedoch oftmals unzulänglich, wie eine Untersuchung ergeben hat.

Ist eine finanzielle Notlage eingetreten, müssen die betroffenen Kommunen ein Haushaltssicherungskonzept aufstellen. In den 1990er Jahren führten alle Bundesländer dieses Instrument der Kommunalaufsicht ein. Das Haushaltssicherungskonzept zielt als gesetzlich erzwungene Haushaltskonsolidierung darauf ab, in einem mehrjährigen Zeitraum einen ausgeglichenen Haushalt zu erreichen. Die Pflicht zur Herstellung eines ausgeglichenen Haushalts wird in den Gemeindeordnungen der Bundesländer als finanzwirtschaftliches Ziel vorgegeben. Die Aufstellung eines Haushaltssicherungskonzepts war ursprünglich als Ausnahmefall gedacht, ist jedoch inzwischen in der kommunalen Welt zu einem weit verbreiteten Phänomen geworden.

Wie kann es überhaupt dazu kommen, dass Kommunen in eine finanzielle Schieflage geraten, fragt man sich als geplagter Steuerzahler. Werden die Städte und Gemeinden denn nicht ausreichend mit Steuermitteln zur Erfüllung ihrer Aufgaben ausgestattet? Ein Gutachter hat vor kurzem in einem kleineren Bundesland versucht, die Gründe für finanzielle Notlagen von Kommunen festzustellen. Dazu wurden zwei Landkreise, vier Städte sowie sieben Gemeinden näher untersucht.

Fehler bei der Inanspruchnahme von Fördergeldern

Acht der in die Untersuchung einbezogenen 13 Kommunen waren durch Fehleinschätzungen bei der Nutzung von Förderangeboten der EU, des Bundes und des Landes in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Zur Kofinanzierung der geförderten Projekte hatten fünf der acht Körperschaften Darlehen aufgenommen, deren Rückzahlungen ihre Leistungsfähigkeit überstiegen. Die Folgekosten der durchgeführten Investitionen waren von mehreren dieser Kommunen nicht ausreichend beachtet worden. Die erhofften, sich positiv auf die kommunalen Finanzen auswirkenden Effekte traten häufig nicht ein. In mehreren Fällen verschlimmerten die betroffenen Kommunen sogar noch ihre finanzielle Situation, als sie versuchten, sich aus der Schieflage zu befreien. So setzten mehrere Kommunen die Tilgung von Darlehen aus oder streckten die Tilgung über eine verlängerte Darlehenslaufzeit. In allen Fällen entstanden höhere Kosten über die gesamte Laufzeit der Darlehen.

Verluste durch den Abschluss von Derivatgeschäften

Vier der 13 untersuchten Gebietskörperschaften hatten Zinsderivatgeschäfte abgeschlossen. In allen Fällen verliefen diese Geschäfte zum wirtschaftlichen Nachteil dieser Kommunen und trugen wesentlich dazu bei, dass Haushaltssicherungsmaßnahmen ergriffen werden mussten. Das Kommunalrecht des betreffenden Bundeslandes verpflichtet die kommunalen Gebietskörperschaften auch bei Fragen der Finanzierung zur Einhaltung von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit. Für jeden relevanten Sachverhalt sind Wirtschaftlichkeitsberechnungen anzustellen. Wenn in den erwähnten Fällen Wirtschaftlichkeitsberechnungen erstellt wurden, dann überwiegend von Externen, die häufig ein eigenes Interesse an dem Vertragsschluss der Kommune hatten. Die Kommunen waren mit dem von ihnen vorgehaltenen Personal nicht in der Lage, diese Berechnungen nachzuvollziehen und zu hinterfragen. Nach Auffassung des Gutachters haben die Kommunen die spätere Haushaltsschieflage selbst verursacht.

Vielfach keine konsolidierende Wirkung der Haushaltssicherungsmaßnahmen

Der Gutachter hat sich auch mit der Durchführung der ergriffenen Haushaltssicherungsmaßnahmen befasst. Zehn der 13 untersuchten Kommunen betrieben die Haushaltssicherung nicht stringent und nachhaltig. Sie benannten die Gründe der Haushaltsschieflagen weder eindeutig noch umfassend. Keine dieser Körperschaften hatte einen ganzheitlichen Ansatz entwickelt, um die Ursachen zu beheben. Die Maßnahmen zielten meistens darauf ab, die Liquidität (kurzfristig) zu sichern und – wenn überhaupt – Einsparpotentiale unter Fortführung des bisher praktizierten Verwaltungshandelns zu identifizieren. Die fehlende Auseinandersetzung mit den Gründen der Haushaltsschieflage verhinderte eine wirksame Behebung und Verantwortungsübernahme für die Zukunft. Der Gutachter kam zusammenfassend zu dem Ergebnis, dass die Maßnahmen vielfach keine konsolidierende Wirkung entfalteten.

Die staatliche Kommunalaufsicht muss zukünftig eine aktivere Rolle spielen

 Der Gutachter stellte fest, dass das kommunale Krisenmanagement zur Überwindung der Haushaltsschieflage überwiegend unzureichend war. Für die Zukunft hat er empfohlen, dass alle Körperschaften vor der Inanspruchnahme von Fördermitteln genau prüfen, ob ihre Leistungsfähigkeit die betreffende Investition inklusive aller Folgekosten tragen kann. Entsprechend den gesetzlichen Vorgaben müsse ausreichend qualifiziertes Personal vorgehalten werden, um dem Erfordernis nach rechtmäßigem und wirtschaftlichem Handeln entsprechen zu können. Darüber hinaus hat der Gutachter von den zuständigen staatlichen Stellen gefordert, dass die Kommunalaufsicht in Zukunft eine aktivere Rolle bei der Haushaltssicherung spielen müsse. Diesen Vorschlägen kann man sich nur anschließen. Wollen wir hoffen, liebe Leserinnen und Leser, dass die Empfehlungen des Gutachters bei den Verantwortlichen Gehör finden, sagt skeptisch

Ihr

Gotthilf Steuerzahler