Steigende Zinsen sind Gift für die Börse- 15.12.2017

Steigende Zinsen sind Gift für die Börse

Die Fed erhöht erneut die Zinsen

Liebe Leser,

am Mittwoch, den 13. Dezember hat die US-Zentralbank Fed eine weitere Zinserhöhung bekanntgegeben, die nunmehr dritte im laufenden Jahr. Drei weitere sollen in 2018 folgen. Darüber hinaus wird die Fed wie geplant ab Januar die Reduzierung ihrer grotesk aufgeblähten Bilanzsumme auf 20 Mrd. Dollar pro Monat erhöhen.

Prinzipiell sind steigende Zinsen Gift für die Börse, das haben Sie vielleicht schon einmal gehört. Für den laufenden Zyklus, so heißt es allenthalben, gelte diese alte Regel aber nicht, weil das absolute Zinsniveau ja weiterhin extrem niedrig sei. Ist dieses Argument plausibel?

US-Wirtschaft wird weiterhin schöngeredet

Zuallererst sollten Sie in diesem Zusammenhang wissen, dass die stets bullishen Wall Street-Analysten Zinserhöhungen schon immer schöngeredet haben. „Die Wirtschaft brummt, da kann eine kleine Zinserhöhung keinen Schaden anrichten.“ So oder ähnlich konnte man es bisher noch in jedem Zyklus hören – und es war fast immer falsch. Das prominenteste Beispiel sind die Zinserhöhungen des Jahres 2006, als die US-Immobilienblase ihren Zenit erreichte. Damals meldete sich sogar der damalige Fed-Präsident Ben Bernanke zu Wort und verkündete ausdrücklich, dass sich die US-Wirtschaft in einem hervorragenden Zustand befinde und keine größeren Probleme zu erwarten seien. Kurz darauf begann die schwerste Banken- und Wirtschaftskrise seit den 1930er Jahren.

Schon aus diesem Grund sollten Sie die Zinserhöhungen der Fed nicht als unbedeutend abtun. Tatsache ist: Das Drehen an der Zinsschraube stellt immer eine wichtige Veränderung der Rahmenbedingungen dar, die für die Wirtschaft und die Finanzmärkte gelten.

Zinsänderungen zeigen Wirkung

Zinserhöhungen oder Zinssenkungen haben realwirtschaftliche Auswirkungen. Das ist schließlich der einzige Grund, warum die Zentralbanken die Zinsen manipulieren. Zu behaupten, dass eine Zinserhöhung hier und heute ausnahmsweise keinerlei Wirkungen entfalten würde, ist entweder sehr naiv oder bewusste Augenwischerei, die gewöhnlich von denselben Leuten betrieben wird, die jede Zinssenkung mit Enthusiasmus begrüßen.

Während der großen Krise des Jahres 2008 wurden die Zinsen auf null gesenkt. Die Wirtschaft blieb aber weiter außerordentlich schwach. Deshalb wurden die Zinsen jahrelang auf diesem absurd niedrigen Niveau gehalten, und es wurden zusätzlich unkonventionelle geldpolitische Maßnahmen riesigen Ausmaßes durchgeführt. Diese ultra-laxe Politik mag die Wirtschaft kurzfristig „angekurbelt“ haben, wie es heißt. Langfristig hat sie jedoch erheblichen Schaden angerichtet.

Zombie-Unternehmen und Spekulationsblasen

Sie hat nicht nur riesige Spekulationsblasen entstehen lassen, sondern auch Zombie-Banken und Zombie-Unternehmen geschaffen. Nach marktwirtschaftlichen Regeln hätten diese längst abgewickelt werden müssen, um Platz zu schaffen für Neues und Besseres. Das gilt übrigens auch für einige europäische Staaten. Sie alle – also Banken, Unternehmen und überschuldete Staaten – wurden und werden durch extrem niedrige Zinsen künstlich am Leben erhalten. Erst gestern hat die EZB verkündet, die Leitzinsen weiter bei null Prozent zu belassen.

Die Fed und andere Zentralbanken sind mit einer Normalisierung ihrer Geldpolitik deshalb so vorsichtig, weil auch sie nicht wissen, wie fragil die Wirtschaft und die Finanzmärkte tatsächlich sind, nachdem sie diese jahrelang extrem manipuliert haben. Das Risiko ist gewaltig, und jede noch so kleine Veränderung der Rahmenbedingungen birgt die Gefahr, das Kartenhaus zum Einsturz zu bringen. Daran wird auch die US-Steuerreform nichts ändern. Zu diesem Ergebnis ist sogar die Fed gekommen, wie ihre am Mittwoch vorgelegten Konjunkturprognosen belegen.

Blicken Sie jetzt auf China

Eines hat die Finanzgeschichte immer wieder gezeigt: Schuldenexzesse führen stets zu Banken- und Wirtschaftskrisen. Die hohe Überbewertung der US-Börse und die Extremwerte, die zahlreiche Kennzahlen angenommen haben, deuten darauf hin, dass die Aktienhausse in den USA und damit auch in Europa sehr bald zu Ende geht.

Doch das ist nur ein bedeutender Aspekt, der das Jahr 2018 prägen wird. Ein zweiter ist die hochbrisante Lage in China. Hier haben die Schuldenexzesse, die 2008 begonnen haben, inzwischen ein Ausmaß angenommen, das stets zu schweren Banken- und Wirtschaftskrisen in den betroffenen Ländern geführt hat. Eine entsprechende Warnung hat kürzlich sogar die Bank für Internationalen Zahlungsausgleich veröffentlicht, die als Lobbyistin der Zentralbanken ganz sicher nicht zu Übertreibungen neigt.

Dass auch in China gerade die Zinsen erhöht wurden, mag sich als der Tropfen erweisen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Details dazu lesen Sie in der am Montag, den 18. Dezember erscheinenden Monatsausgabe meines Börsenbriefes Krisensicher Investieren. Hier anfordern.

Ich wünsche Ihnen einen fröhlichen dritten Advent,

Herzliche Grüße,

Ihr

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Was machen eigentlich ... meine Steuergroschen?

Staatsverschuldung in der EU: Die Nachsicht der EU-Kommission mit Defizitsündern

Wo sind sie denn nur hingekommen, meine Steuergroschen?
Autor: Gotthilf Steuerzahler

 

Liebe Leserinnen und Leser,

die Regeln, welche sich die EU-Länder zur Eindämmung der Staatsverschuldung gegeben haben, sind in den letzten Jahren immer weiter verschärft worden. Einige EU-Länder haben sich hiervon aber nicht sonderlich beeindrucken lassen und setzen ihren Kurs des Schuldenmachens fort. Die EU-Kommission, welche die Einhaltung der Regeln überwacht, hat solche Verstöße mit fragwürdigen Begründungen hingenommen.

Allgemein bekannte Vorgaben zur Begrenzung der Staatsverschuldung sind die Maastricht-Kriterien, die schon seit 1992 gelten und später in die EU-Verträge aufgenommen wurden. Danach darf der staatliche Schuldenstand nicht höher als 60 Prozent des Bruttoinlandprodukts sein, das jährliche Haushaltsdefizit darf nicht mehr als drei Prozent des Bruttoinlandprodukts betragen. Es folgte im Jahr 1997 der Stabilitäts- und Wachstumspakt, der vorsieht, dass das strukturelle Haushaltsdefizit ein Prozent des Bruttoinlandprodukts nicht überschreiten darf.

Auch verpflichteten sich die unterzeichnenden Mitgliedstaaten, bei Überschreitung des Schwellenwerts von 60 Prozent ihren Schuldenstand um jährlich ein Zwanzigstel zurückzuführen. An diese Vorgaben knüpft der sogenannte Fiskalvertrag an, den 25 EU-Mitgliedstaaten im Jahr 2012 beschlossen haben. Er sieht unter anderem vor, dass die EU-Kommission finanzielle Sanktionen gegen hartnäckige Defizitsünder verhängen kann.

Verfahren wegen übermäßiger Defizite

Aufgrund der genannten Regelwerke sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, der EU-Kommission eine Fülle von Daten über ihre finanzielle Situation und insbesondere den Umfang der Verschuldung zur Verfügung zu stellen. Werden die Schwellenwerte überschritten, kann ein Verfahren wegen eines übermäßigen Defizits eingeleitet werden. Gegen fast alle EU-Länder wurden in den letzten Jahren solche Verfahren durchgeführt. Auch die Bundesrepublik Deutschland sah sich in den Jahren 2003 und 2009 entsprechenden Nachfragen ausgesetzt. Die Verfahren gegen Deutschland wurden dann allerding nach einiger Zeit wieder beendet. In jüngster Zeit liefen entsprechende Verfahren gegen Frankreich, Griechenland, Irland, Kroatien, Portugal, Slowenien, Spanien, das Vereinigte Königreich sowie Zypern.

Noch nie gab es Sanktionen gegen einen Schuldensünder

Ob ein Defizitverfahren eingeleitet wird, entscheidet der Ministerrat der EU, also die Finanzminister der Mitgliedstaaten, auf Vorschlag der EU-Kommission. Nach Einleitung eines Verfahrens sind die Schuldensünder verpflichtet, die EU-Kommission fortwährend über die geplanten und ergriffenen Maßnahmen sowie die Entwicklung ihrer Haushalts- und Wirtschaftslage zu unterrichten. Die EU-Kommission überwacht, ob die angekündigten Maßnahmen zur Korrektur der übermäßigen Defizite auch umgesetzt werden. Wurden keine wirksamen Maßnahmen ergriffen, können in letzter Konsequenz finanzielle Sanktionen gegen sparunwillige Mitgliedsländer verhängt, zum Beispiel Zahlungen aus EU-Fonds ausgesetzt werden. Bisher ist es noch in keinem Fall zu Sanktionen der EU gegen säumige Mitgliedstaaten gekommen.

Nur in wenigen EU-Ländern liegt die Gesamtverschuldung unter 60 Prozent

Wie wenig wirksam die komplizierten Regelungen zur Schuldenbegrenzung und die geschilderte Vorgehensweise der EU-Kommission sind, zeigt sich beispielhaft daran, dass die meisten Mitgliedstaaten nach wie vor einen höheren Schuldenstand als 60 Prozent des Bruttoinlandprodukts aufweisen. Lediglich bei einigen osteuropäischen Mitgliedsländern sowie Luxemburg und Malta liegt die Gesamtverschuldung unter 60 Prozent. Der offizielle Schuldenstand Deutschlands ist in den letzten Jahren zwar stark gesunken, liegt mit derzeit rund 68 Prozent aber immer noch über dem Schwellenwert.

Viel Verständnis der EU-Kommission für den Defizitsünder Frankreich

Die Schuldenstandsquote Frankreichs wird sich nach den Berechnungen der EU-Kommission von 92 Prozent im Jahr 2013 auf 97 Prozent im Jahr 2020 erhöhen. Zu Recht läuft deshalb derzeit ein Defizitverfahren gegen unser Nachbarland. In diesem Verfahren zeigte sich die EU-Kommission bislang ausgesprochen verständnisvoll gegenüber der französischen Schuldenpolitik. Trotz des erwarteten Anstiegs der Gesamtverschuldung und obwohl Frankreich einen Teil der vorgeschriebenen Unterlagen und Daten nicht lieferte, vertrat die EU-Kommission die Auffassung, dass das Land die Anforderungen der geltenden Bestimmungen erfülle. Das Defizit könne in einem ruhigeren Tempo unter den Schwellenwert gebracht werden.

Kein Defizitverfahren gegen Italien trotz enormer Staatsverschuldung

Noch einfacher machte es sich die EU-Kommission in Bezug auf das hochverschuldete Italien. Gegen Italien wurde 2009 ein Defizitverfahren eingeleitet, welches im Jahr 2013 aufgehoben wurde. Im Jahr 2015 führte die Kommission erneut eine Bewertung Italiens durch und kam zu dem Schluss, dass Italien das Schuldenstandskriterium „prima facie“ verletze. Die Schuldenstandsquote Italiens lag seinerzeit bei 133 Prozent. Trotz dieser Zahl kam die EU-Kommission zu dem Ergebnis, dass Italien das Schuldenstandskriterium einhalte. Begründet wurde dies mit der ungünstigen Wirtschaftslage und den angekündigten Strukturreformen. Diese würden sehr positive Auswirkungen auf die öffentlichen Finanzen in Italien haben. Derzeit läuft kein Defizitverfahren gegen Italien.

Kritik an der unterschiedlichen Vorgehensweise der EU-Kommission

Gegen andere Defizitsünder zeigte sich die EU weitaus weniger nachsichtig. In anderen EU-Ländern wurden Sparmaßnahmen nicht nur eingefordert, sondern tatsächlich durchgesetzt. In der Fachwelt wird die unterschiedliche Vorgehensweise der EU-Kommission bei den einzelnen Mitgliedstaaten kritisiert. Die Ermessenspielräume der EU-Kommission in den Defizitverfahren müssten reduziert werden. Die Einhaltung der Regeln müsse zielgenauer und weniger politisch bewertet werden. Gegebenenfalls müsse eine andere Institution als die EU-Kommission in die Bewertung eingeschaltet werden.

Die EU-Kommission will die Schuldenregeln aufweichen

Die geäußerte Kritik scheint der EU-Kommission lästig geworden zu sein. Dieser Tage hat sie die Fachwelt mit einem Vorschlag überrascht, der in eine ganz andere Richtung geht als von den Kritikern gefordert. Nach Presseberichten will Kommissionspräsident Juncker erreichen, dass das Defizitkriterium von drei Prozent künftig als europaweite Gesamtzahl ermittelt wird. Es käme dann deutlich weniger darauf an, dass jeder Mitgliedstaat sein Haushaltsdefizit unter die Marke von drei Prozent des Bruttoinlandprodukts drückt, sondern die Eurozone als Ganzes müsste diesen Wert erreichen. Damit würde ein klarer Anreiz für jedes einzelne Land geschaffen, auf Kosten der anderen über seine Verhältnisse zu leben. Und das möglichst schnell, bevor die Gesamtgrenze erreicht wird.

Überdies möchte die EU-Kommission diejenigen Regelungen nicht mehr anwenden, die sich zu sehr auf den Schuldenstand der Mitgliedsländer konzentrierten. Na toll, kann ich dazu nur sagen, dann muss sich die EU-Kommission keine abenteuerlichen Begründungen mehr ausdenken, wenn sie wichtige Länder trotz hoher Gesamtverschuldung mit Nachsicht behandeln möchte.

Man kann nur hoffen, liebe Leserinnen und Leser, dass die Mitgliedstaaten den Vorschlägen der EU-Kommission eine deutliche Abfuhr erteilen, sagt kopfschüttelnd

Ihr

Gotthilf Steuerzahler