Themen- 03.11.2017

Jahresendrally an den Aktienmärkten oder Top?

Überbewertet, überkauft und überbullish

Liebe Leser,

das aktuelle Geschehen an den Aktienmärkten ähnelt den Vorgängen des Jahres 2000 immer mehr. Das habe ich in der gerade erschienenen November-Ausgabe meines Börsenbriefes Krisensicher Investieren ausführlich thematisiert. Wie im Jahr 2000 sind die Märkte heute extrem überbewertet und in allen relevanten Zeitfenstern überkauft, während die Sentimentindikatoren überschäumende Börsen-Euphorie widerspiegeln.

Besonders brisant wird dieses Gemisch, weil die US-Zentralbank längst damit begonnen hat, die Zinsen anzuheben. Denn in der Vergangenheit führten fast alle Zinserhöhungszyklen zu Rezessionen und Aktienbaissen – sogar, wenn die fundamentale Bewertung im Unterschied zu heute moderat gewesen ist.

NASDAQ-Party wie im Frühjahr 2000

Was sich vorige Woche an der NASDAQ abgespielt hat, glich tatsächlich einem der wildesten Tage des Frühjahrs 2000, das heißt am Höhepunkt der Technologieblase und kurz bevor die große Baisse begann, in deren Verlauf der NASDAQ 100 Index um 83% fiel. Konkret haben Ende voriger Woche die Aktien der Tech-Giganten Google, Amazon, Microsoft und Intel auf die Bekanntgabe ihrer Quartalsergebnisse mit Kurssprüngen von 4,8%; 13,2%; 6,4% und 7,4% reagiert.

Der NASDAQ 100 Index legte um 2,9% zu – während es beim Dow Jones Industrial Average nur zu einem marginalen Gewinn von 0,14% gereicht hat. Solche Kurssprünge und gleichzeit sichtbar werdende Diskrepanzen zwischen den Indizes gab es zuletzt im Jahr 2000. Allerdings hießen die Börsenlieblinge damals AOL, Compaq und Yahoo.

Amazon übertrifft drastisch gesenkte Erwartungen

Dabei sind die Quartalsberichte im Technologiesektor alles andere als spektakulär ausgefallen, wie das Beispiel Amazon besonders drastisch zeigt. Vor einem Jahr belief sich die Gewinnschätzung für das 3. Quartal 2017 auf 2 $ pro Aktie. Anfang des Jahres wurde nur noch 1,50 $ erwartet, vor drei Monaten noch 1 $ und vor vier Wochen sogar nur noch 0,25 $. Jetzt hat das Unternehmen einen Quartalsgewinn von 0,50 $ bekanntgegeben – und die euphorisierten Börsianer sehen darin in riesigen Erfolg und treiben den Kurs der Aktie auf ein neues Allzeithoch.

Dass der operative Gewinn des Unternehmens um 40% zurückgegangen ist, spielt für diese Aktienkäufer offensichtlich keine Rolle. Auch das kennen wir natürlich aus dem Jahr 2000. Damals zählten manche Analysten Klickraten, um Unternehmen zu „bewerten“ und Kaufempfehlungen trotz absurder Überbewertungen zu begründen.

War das der Beginn der Jahresendrally?

Vor allem aus charttechnischer Sicht stellt sich nach solchen Kurssprüngen die Frage, ob sie den Beginn einer Beschleunigungsphase nach oben signalisieren oder das euphorische Ende einer Hausse.

Für den Beginn einer Beschleunigungsphase spricht vor allem die Jahreszeit. Denn von November bis Januar sind Aktienkurse meist recht deutlich gestiegen. Deshalb wird auch jetzt wieder allgemein eine Jahresendrally erwartet. Zwar wissen alle Analysten und institutionellen Anleger um die extreme Überbewertung der Märkte. Aber je länger diese anhält, desto weniger Bedeutung wird ihr beigemessen.

Ein weiteres Argument ist die bisher nicht vorhandene Topformation bei den wichtigen Indizes. Tatsächlich wurde der Beginn der meisten Baissen durch Topformationen angekündigt, die mehrere Monate gedauert haben. Davon ist bisher nichts zu sehen. Also volle Fahrt voraus?

Nicht alle Baissen werden durch Topformationen angekündigt

Ganz so einfach ist die Sache nicht. Denn ausgerechnet einige der schlimmsten Baissen sind diesem Muster einer mehrmonatigen Topformation nicht gefolgt. Das gilt insbesondere für die NASDAQ im Jahr 2000. Eine Topformation wurde hier erst sichtbar, nachdem die Kurse bereits um 40% gefallen waren. Insgesamt gingen sie damals - wie bereits erwähnt - um 83% zurück.

Auch die schwere Baisse, die sich an die Exzesse des Jahres 1929 anschloss, erfolgte gewissermaßen aus dem Stand und ohne Topformation. Damals betrug der anschließende Kursrückgang sogar 89%.

S&P 500 erreicht wichtige Widerstandslinie

Werfen Sie nun einen Blick auf den folgenden Wochenchart des S&P 500. Er zeigt Ihnen den Verlauf der Hausse, die in 2009 begonnen hat. Diese kann in drei große Aufwärtswellen zerlegt werden, die durch zwei ausgeprägte Korrekturen abgegrenzt werden. Letztere dienen dazu, den eingezeichneten Trendkanal zu konstruieren. Wie Sie sehen, befindet sich der Index derzeit an der oberen Begrenzung dieses Kanals.

S&P 500, Wochenchart mit Trendkanal, 2008 bis 2017
Der Index notiert am Widerstand seines langfristigen Trendkanals.
Quelle: Quelle: StockCharts.com

Wenn Sie ganz genau hinschauen, erkennen Sie, dass die Kurse sogar leicht über diese Linie gestiegen sind. Damit zeigt der S&P 500 einen „throw-over“. So nennen Charttechniker den von großer Euphorie getriebenen Anstieg über die obere Begrenzung eines Trendkanals. Häufig signalisiert ein solcher „throw-over“ das Ende einer langanhaltenden Aufwärtsbewegung. Deshalb wäre es ein bearishes Signal, wenn der Index demnächst wieder unter diese Linie zurückfallen sollte.

Wenn Sie ganz genau hinschauen, erkennen Sie, dass die Kurse sogar leicht über diese Linie gestiegen sind. Damit zeigt der S&P 500 einen „throw-over“. So nennen Charttechniker den von großer Euphorie getriebenen Anstieg über die obere Begrenzung eines Trendkanals. Häufig signalisiert ein solcher „throw-over“ das Ende einer langanhaltenden Aufwärtsbewegung. Deshalb wäre es ein bearishes Signal, wenn der Index demnächst wieder unter diese Linie zurückfallen sollte.

Fast alle Bedingungen für ein Ende der Hausse sind erfüllt

Wie oben bereits angemerkt, spricht die extreme Euphorie, die von den Sentimentindikatoren widergespiegelt wird, ebenso für eine Baisse wie die in allen relevanten Zeitfenstern überkaufte Markttechnik. Das gilt natürlich auch für die Zinsanhebungen der Fed und deren Ankündigung, die Bilanzsumme zu reduzieren.

Überbewertet, überkauft und überbullish, das Ganze vor dem Hintergrund steigender Zinsen. Das war in der Vergangenheit stets das Gemisch, aus dem schwere Baissen hervorgegangen sind. Diese Regel wurde ausschließlich im laufenden Zyklus verletzt, wofür wahrscheinlich die umfangreichen Anleihenkäufe der Fed verantwortlich waren. Diese wurden inzwischen aber nicht nur beendet; es wurde auch damit begonnen, die Bilanzsumme der Fed zu reduzieren. Trotz dieser offensichtlichen Änderung der Rahmenbedingungen bleiben die meisten Marktteilnehmer rundum bullish.

Mir ist das Verlustrisiko an den Aktienmärkten aufgrund der hier beschriebenen Konstellation viel zu groß. Anstatt auf dem brodelnden Vulkan absurd überbewerteter Aktienmärkte zu tanzen, halten wir lieber Ausschau nach Anlagemöglichkeiten, die sich durch attraktive Chance-Risiko-Verhältnisse auszeichnen. Informieren Sie sich, und testen Sie noch heute Krisensicher Investieren – 30 Tage kostenlos.

Ich wünsche Ihnen ein schönes Wochenende,

Herzliche Grüße,

Ihr

P.S.: Die Tesla-Aktie, einer der Börsenlieblinge der vergangenen Jahre, zeigt übrigens schon eine sehr bedenkliche Topformation.

Was machen eigentlich ... meine Steuergroschen?

Kommunale Fraktionsfinanzierung: Allzu großzügiger Umgang mit Steuergeldern

Wo sind sie denn nur hingekommen, meine Steuergroschen?
Autor: Gotthilf Steuerzahler

 

Liebe Leserinnen und Leser,

die Fraktionen in den kommunalen Vertretungskörperschaften, also in den Gemeinderäten, Stadträten, Kreistagen usw., erhalten Steuermittel zur Finanzierung ihrer Arbeit. Bei der Verwendung dieser Gelder werden die Grenzen des Zulässigen jedoch häufig überschritten.

Fraktionen sind freiwillige Vereinigungen von Ratsmitgliedern bzw. Kreistagsmitgliedern, die sich auf der Grundlage politischer Übereinstimmung zu gleichgerichtetem Wirken zusammengeschlossen haben. Die Fraktionen steuern und erleichtern die Arbeit des Gemeinderats, Stadtrats, Kreistags, indem sie eine Arbeitsteilung unter ihren Mitgliedern organisieren, gemeinsame Initiativen vorbereiten sowie die umfassende Information der Fraktionsmitglieder organisieren. Für den Aufwand, der den Fraktionen dabei erwächst, erhalten sie finanzielle Mittel der betreffenden Kommune. Diese Gelder sind ausschließlich für fraktionsspezifische Tätigkeiten in den kommunalen Vertretungskörperschaften bestimmt und insoweit zweckgebunden. Eine verdeckte Parteienfinanzierung mit Hilfe der Fraktionsmittel ist unzulässig, insbesondere dürfen die Steuermittel nicht zu Wahlkampfzwecken verwendet werden.

Die bereitgestellten Fraktionsmittel müssen in einem angemessenen Verhältnis zur Größe der betreffenden Kommune und zum Aufgabenspektrum der Fraktionen stehen. Die Entscheidung über die genaue Höhe trifft der jeweilige Gemeinderat, Stadtrat, Kreistag selbst. In Großstädten werden durchaus Beträge von mehr als einer Million Euro im Jahr für die Fraktionsarbeit bereitgestellt.

Öffentlichkeitsarbeit

Kommunale und staatliche Prüfeinrichtungen haben immer wieder festgestellt, dass die Fraktionen einen Teil der ihnen zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel für Zwecke verwenden, die in keinem Zusammenhang mit ihren Aufgaben stehen. Zu einer unzulässigen Mittelverwendung kommt es häufig im Zusammenhang mit der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen. Verschiedentlich veröffentlichten Fraktionen in ihren Fraktionszeitschriften bzw. sonstigen Publikationen Beiträge mit allgemeinpolitischen Inhalten oder machten Werbung zugunsten der sie tragenden politischen Parteien. Eine Fraktion stellte beispielsweise in ihrer Fraktionszeitschrift regelmäßig die Kandidaten der hinter ihr stehenden Partei für bevorstehende Bundestags- und Oberbürgermeisterwahlen vor. Die Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen muss sich auf die Darstellung der Fraktionsarbeit beschränken.

Klausurtagungen

Viele Fraktionen führten auswärtige Klausurtagungen durch, bei denen sie die Übernachtungs- und Verpflegungskosten vollständig oder überwiegend aus öffentlichen Mitteln finanzierten. So reiste z. B. eine Fraktion eines Landkreises für fünf Tage nach Italien (Kosten rd. 19.000 Euro). Eine Fraktion eines Stadtrates reiste zu Klausurtagungen u. a. nach Prag und Zürich. Zweck und Anlass der Reisen waren nicht oder nur entfernt aus den Aufgaben der Fraktion abzuleiten. In Einzelfällen wurden im Rahmen von Klausurtagungen sogar die Kosten für Personen übernommen, die nicht der Fraktion angehörten und bei denen ein Bezug zum Gegenstand der Tagung nicht ersichtlich war. Teilweise wurden auch kulturelle Rahmenprogramme wie Stadtführungen, Kegelbahnbenutzung oder der Besuch eines Eishockeyspieles aus Fraktionsmitteln finanziert.

Bewirtungen

Viele Fraktionen setzten Fraktionsmittel für die Bewirtung ihrer Mitglieder zu Fraktionssitzungen ein. Teilweise wurden Fraktionsmittel auch für die Bewirtung bei Weihnachtsfeiern sowie Zusammenkünften zum Abschluss der Wahlperiode verwendet. Eine Fraktion rechnete die Kosten ihres Weihnachtsessens über die Fraktionszuwendungen ab. Gesellige Veranstaltungen von Fraktionen mit Bewirtung der Fraktionsmitglieder und -mitarbeiter dienen überwiegend privaten Zwecken und dürfen nicht aus öffentlichen Mitteln finanziert werden.

Neujahrsempfänge

Es kam auch vor, dass Fraktionen die Aufwendungen für Neujahrsempfänge aus Fraktionsmitteln finanzierten. Solche Empfänge dienen nicht vorrangig einer Information der Öffentlichkeit über die Ratsarbeit der Fraktion. Ziel derartiger Empfänge ist es, ins Gespräch zu kommen, also Meinungen aufzunehmen und im Gegenzug zu versuchen, Meinungen zu formen. Daher werden als Gäste viele Personen eingeladen, die gerade nicht zur Fraktion gehören. Dieser allgemeine, von der konkreten Fraktionsarbeit losgelöste Gedankenaustausch ist als politische Willensbildung Aufgabe der Parteien. Die Finanzierung von Parteiöffentlichkeitsarbeit auf Kosten der Stadt ist nicht zulässig.

Geschenke

Nicht selten kam es vor, dass Fraktionen zum Jahreswechsel Sekt und Wein an hochrangige Mitarbeiter der Stadtverwaltung sowie an Presse- und Medienvertreter verschenkten. Gelegentlich wurden Sekt und Wein auch an die Mitglieder der eigenen Fraktion verteilt. Die Kosten wurden aus Fraktionsmitteln bestritten. Darüber hinaus gab es auch aus Fraktionsmitteln finanzierte Geschenke an Fraktionsmitglieder anlässlich persönlicher Jubiläen. Die Finanzierung solcher Präsente überschreitet die Zweckbindung der den Fraktionen zur Verfügung gestellten Haushaltsmittel. Zwar können vereinzelte Geschenke zu individuellen Anlässen Bestandteil einer dem Fraktionsvorsitzenden obliegenden Repräsentationspflicht sein. Die Verteilung von Präsenten an einen größeren Personenkreis ist hingegen als bloße Sympathiewerbung anzusehen, es fehlt der Bezug zu den Aufgaben einer kommunalen Ratsfraktion. Die Finanzierung von Geschenken an die Mitglieder der jeweiligen Fraktion aus Steuermitteln ist per se unzulässig.

Prüfung der Fraktionsmittel

Die Kommunen, also die Gemeinde- und Stadtverwaltungen, sind verpflichtet, die ordnungsmäßige Verwendung der Fraktionsmittel zu prüfen. Nach allem, was man weiß, halten sie sich dabei jedoch sehr zurück. Eine nähere Prüfung, insbesondere durch Beiziehung der von den Fraktionen vorzulegenden Belege, unterbleibt zumeist. Das kann man den Verwaltungen auch nicht verdenken, wer legt sich schon gerne mit den mächtigen Mitgliedern der kommunalen Vertretungskörperschaften an. Es bleibt die Hoffnung auf das Wirken der überörtlichen Kommunalprüfung bzw. der Rechnungshöfe. Diese Prüfeinrichtungen befassen sich immer wieder mit den Steuergeldern für die Fraktionen. Dadurch wird verhindert, liebe Leserinnen und Leser, dass sich die Fraktionsfinanzierung völlig in Richtung Selbstbedienung entwickelt, sagt mit einem Anflug von Resignation


Ihr

Gotthilf Steuerzahler