Themen- 18.09.2015
Spekulieren auf Kredit bricht alle Rekorde - und ist eine treibende Kraft nach unten
Der S&P 500 wird sich wohl mindestens halbieren – bei den anderen Indizes sieht es nicht besser aus
Die aktuelle Lage spricht aber dafür, dass die gerade erst begonnene Aktienbaisse überdurchschnittlich schlimm ausfallen wird. Ich rechne mindestens mit einer Kurshalbierung des S&P 500 Index. Wie die Ereignisse in den Abwärtszyklen der Jahre 2000 bis 2003 und 2007 bis 2009 gezeigt haben, sind auch die Zentralbanken machtlos, wenn es ernsthaft nach unten geht. In beiden Fällen haben sie bereits in der Anfangsphase der Baisse mit deutlichen Zinssenkungen versucht, die Lawine aufzuhalten – vergebens.
Dieselbe Erfahrung mussten auch die chinesischen Machthaber in den vergangenen Wochen machen. Auch ihnen ist es nicht gelungen, den Crash an den chinesischen Aktienmärkten zu verhindern. Die Faktenlage ist eindeutig. Glauben Sie also bloß nicht, dass
es Herrn Draghi oder seinen Kollegen bei der Fed besser ergehen wird. Auch deren ausgeprägter geldpolitischer Hochmut kommt vor dem Fall.
Die Marktreaktion auf die Fed-Sitzung vom 17.9.2015 kann sich durchaus als der Anfang vom Ende des Zentralbankkults erweisen. Obwohl sich die Zentralbankbürokraten erneut nicht getraut haben, auch nur einen winzigen Zinsschritt zu beschließen, konnten sie die Aktienmärkte damit nicht mehr beflügeln. Der S&P 500 Index beschloss den Tag sogar im Minus. Das Eingeständnis der Fed, dass die Wirtschaft auch nach sieben Jahren Nullzinspolitik noch immer auf der geldpolitischen Intensivstation bleiben muss und einfach kein tragfähiger Aufschwung zustande kommt, ist eine öffentliche Bankrotterklärung. Die extremistische Geldpolitik der vergangenen Jahre
ist gescheitert. Wenn sich diese bittere Wahrheit jetzt an den Finanzmärkten herumspricht, ist das Chaos vorprogrammiert.
Gefahrenpotenzial steigt: US-Unternehmen spekulieren in großem Umfang auf Kredit
Es gibt übrigens noch einen sehr wichtigen Grund für meine sehr bearishe Prognose: Das Spekulieren auf Kredit hat im laufenden Zyklus enorm zugenommen. Damit meine ich nicht nur die Höhe der US-Wertpapierkredite, die auf den Rekordstand von 2,83% des Bruttosozialprodukts gestiegen sind – an den Tops der Jahre 2000 und 2007 waren es 2,78% bzw. 2,62%. Viel wichtiger noch ist die Tatsache, dass das Spekulieren auf Kredit auch bei US-Unternehmen ein nie gekanntes Ausmaß angenommen hat. Damit sind alle Regeln eines seriösen Anlegers über Bord geworfen. Die Rechnung folgt auf dem Fuße.
Aktienkäufe auf Kredit werden zum Brandbeschleuniger
Denn diese wenig bekannte, aber umso wichtigere Fehlentwicklung stellt eine Besonderheit des laufenden Zyklus dar. Von nur wenigen wirklich beachtet, wird sie auf dem Weg nach unten als Brandbeschleuniger für Schlagzeilen sorgen. Wer sich für weitere Details interessiert, liest bitte meine am kommenden Dienstag erscheinende Krisensicher Investieren Themenschwerpunkt-Ausgabe „Baisse an den Aktienmärkten und ihre Verstärker“. Darin schildern Roland Leuschel und ich, wie der Übergang von Hausse zu Baisse typischerweise aussieht und was Sie hierbei für Ihre Geldanlage beachten müssen. Natürlich gehen wir auch auf die für den aktuellen Zyklus charakteristischen Besonderheiten ein, die sich auf dem Weg nach unten als Verstärker der noch sehr jungen Baissephase erweisen werden.
Haben Sie keine Angst vor der Baisse – Nutzen Sie die Chance
Doch was ist die Theorie ohne die Praxis. In der regulären Ausgabe von Krisensicher Investieren, die ebenfalls am Dienstag erscheint, finden Sie die Kaufempfehlungen, die Ihnen in dieser Baisse erfreuliche Gewinne einbringen werden. Bitte nicht verpassen und jetzt Krisensicher Investieren 30 Tage kostenlos testen.
Ich wünsche Ihnen einen sonnigen Herbst.
Herzliche Grüße,
Ihr
P.S.: Ein weiteres sehr wichtiges Thema: Auf dem Weg nach unten wird mangelnde Liquidität zu großen Problemen führen. Die Begründung lesen Sie in Krisensicher Investieren.
Was machen eigentlich ... meine Steuergroschen?
Der Staat und die Messegesellschaften
Liebe Leserinnen und Leser,
der deutsche Staat ist an vielen Gesellschaften des Privatrechts kapitalmäßig beteiligt. Die Gründe für das Eingehen der Beteiligung sind oftmals wenig überzeugend und halten einer kritischen Überprüfung nicht stand. Dennoch fällt es dem Staat in solchen Fällen ausgesprochen schwer, sich aus der betreffenden Gesellschaft wieder zurückzuziehen.
Wie sehr sich staatliche Stellen dagegen sträuben, eine einmal eingegangene Beteiligung wieder aufzugeben, belegt eine Meldung aus jüngster Zeit über einen Streit zwischen dem Wirtschaftsministerium und dem Rechnungshof des Landes Nordrhein-Westfalen. Es geht um die Messegesellschaften in Köln und in Düsseldorf, an denen das Land Nordrhein-Westfalen jeweils mit einem Anteil von zwanzig Prozent beteiligt
ist. Der Rechnungshof sieht keinen Grund, die Beteiligungen weiterhin aufrechtzuerhalten, das Wirtschaftsministerium lehnt es ab, die Beteiligungen aufzugeben.
Messegesellschaften gibt es viele in Deutschland, sie stehen untereinander in einem harten Wettbewerb. Den größten Anteil hält gewöhnlich die Stadt, in der die betreffende Gesellschaft ihren Sitz hat, unter Umständen sind auch Kommunen aus dem Umland sowie Industrie- und Handelskammern sowie die regionale Wirtschaft mit kleineren Anteilen beteiligt. Bei den großen Messegesellschaften hält meistens das jeweilige Bundesland einen größeren Anteil. Die deutschen Messegesellschaften haben sich wirtschaftlich gut entwickelt, viele sind zu einem Konzern geworden mit einer Reihe von Tochtergesellschaften im Ausland.
Die Messegesellschaften in Köln und Düsseldorf kooperieren nicht
Als das Land Nordrhein-Westfalen sich im Jahr 1975 an den beiden Messegesellschaften beteiligte, wurde dies u. a. damit begründet, dass durch das Engagement die Bedeutung der Messen erhalten, die internationale Attraktivität beider Messeplätze sichergestellt sowie der Veranstaltungsrahmen beider Messen aufeinander abgestimmt werden sollte. Das Land bemühte sich auch stets um eine stärkere Kooperation und Koordination der beiden Messegesellschaften, hatte dabei jedoch wenig Erfolg. Die angestrebte „Scharnierfunktion“ des Landes zwischen den Messegesellschaften Köln und Düsseldorf konnte in all den Jahren seit 1975 nicht erreicht werden. Die gesellschaftsrechtlichen Einflussmöglichkeiten des Landes reichten bei einer kapitalmäßigen Beteiligung von zwanzig Prozent nicht aus, um die angestrebten Ziele durchzusetzen.
Jeweils eigene Tochtergesellschaften an den Standorten im Ausland
Die fehlende Kooperation zwischen den beiden nordrhein-westfälischen Messegesellschaften zeigt sich auch im Auslandsgeschäft. Beide Gesellschaften haben jeweils eigene Tochtergesellschaften an den Standorten Tokio, Chicago, Singapur und Hongkong. Beide sehen sich in einem unmittelbaren internationalen Wettbewerb. Eine Bündelung der Interessen der beiden Messegesellschaften im Ausland ist nicht feststellbar und auch nicht gewollt.
Anstelle einer Zusammenarbeit zwischen den beiden nordrhein-westfälischen Messegesellschaften im Ausland gibt es Bestrebungen, Kooperationen mit anderen Messegesellschaften einzugehen. Trotz dieser negativen Entwicklung sah das Land Nordrhein-Westfalen bislang keine Veranlassung, seine kapitalmäßige Beteiligung an den
Messegesellschaften aufzugeben.
Das Land konnte die Konkurrenz der beiden Gesellschaften nicht verhindern
Die Gründe für die Beteiligungen an den beiden Messegesellschaften, so hieß es, bestünden unverändert fort. Es gehöre nach wie vor zur Messepolitik des Landes, die Wettbewerbsfähigkeit seiner Messeplätze gegenüber den Messeplätzen außerhalb des Landes Nordrhein-Westfalen zu stärken und eine potenziell ruinöse Konkurrenz zwischen den Messen Köln und Düsseldorf zu verhindern. Die Landesbeteiligung lasse sich über den Erfolg der Messen und ihre Effekte auf die nordrhein-westfälische Wirtschaft rechtfertigen.
Bei aller Zustimmung zur Bedeutung von Messeplätzen fragt man sich doch, was hier eine kapitalmäßige Beteiligung leisten soll, wo doch die Konkurrenz der beiden Gesellschaften gerade nicht verhindert wurde. Aus der Position des Minderheitsgesellschafters
konnten die Interessen des Landes nicht durchgesetzt werden, und auch in Zukunft wird dies nicht möglich sein.
Der Staat sollte sich aus Gesellschaften des Privatrechts heraushalten
Im Ergebnis sollte das Land Nordrhein-Westfalen seine Beteiligungen an den Messegesellschaften baldmöglichst aufgeben und die Steuerung der Gesellschaften ganz den dahinterstehenden Kommunen bzw. der regionalen Wirtschaft überlassen. Ohnehin gibt es andere Messegesellschaften in Nordrhein-Westfalen, an denen das Land nicht beteiligt ist, auf die es aber durch laufende Kontakte und Gespräche auf Ministerebene durchaus Einfluss nimmt.
Generell sollte sich der Staat so wenig wie möglich an im Wettbewerb stehenden Gesellschaften des Privatrechts beteiligen. Durch eine kapitalmäßige Beteiligung werden nicht nur Steuergelder gebunden, sondern der Staat versucht, politischen Einfluss auf Wirtschaftsunternehmen auszuüben, was mit betriebswirtschaftlichem
Denken nicht immer vereinbar ist.
Im Falle der Messegesellschaften mit fortbestehenden Staatsbeteiligungen bleibt uns, liebe Leserinnen und Leser, wenigstens ein Trost: Die meisten dieser Gesellschaften laufen gut und erwirtschaften Gewinne. Solange dies so ist, werden wenigstens keine Steuergelder in diesem Bereich verbrannt, sagt
Ihr
Gotthilf Steuerzahler