Euphorie an der Börse und Panik bei der Fed- 01.11.2013

Euphorie an der Börse und Panik bei der Fed

Nichts befeuert die Phantasie der Börsianer stärker als steigende Kurse. Je länger die Aktienpreise steigen, desto zuversichtlicher werden die Anleger, dass der Aufwärtstrend anhalten wird. Je teurer, desto besser, scheint die Devise zu lauten. Und überaus teuer sind Aktien bei einem KGV des Weltleitindex S&P 500 von 19,3 Punkten und einem Shiller-KGV von 24,6 Punkten ja längst.

Aber Banalitäten wie die fundamentale Bewertung, Risikokennzahlen oder schwache Wirtschaftsdaten können euphorisierte Börsianer natürlich nicht beeindrucken. Sie sind in Feierlaune und der festen Überzeugung, dass diese Party niemals enden wird.

Und warum auch nicht? Wer sagt denn, dass jede Party enden muss? Vielleicht hat ja tatsächlich eine neue Menschheitsepoche begonnen. Eine paradiesische Epoche, in der Wohlstand nicht mehr durch harte Arbeit entsteht, sondern durch die magischen Kräfte eines ehemaligen Princeton University-Professors, der die Kunst des Gelddruckens auf eine völlig neue Ebene gehoben hat.

Immerhin gab es schon Zeiten, in denen Menschen noch sehr viel absurdere Dinge zu glauben bereit waren: Dass die Erde eine Scheibe sei zum Beispiel. Oder ein Kaiser ein Gott. Oder die Deutsche Telekom ein dynamisches Wachstumsunternehmen. Und heißt es denn nicht, der Glaube könne Berge versetzen?

Sentimentindikatoren zeigen extrem einseitiges Bild

Wie auch immer dem sei, Tatsache ist, dass die Börsianer zurzeit so bullish sind wie selten zuvor. Beispielsweise befindet sich die Cash-Quote der US-Aktienfonds mit 3,7% in der Nähe historischer Tiefs. Und in den vergangenen drei Wochen erlebten diese Fonds Mittelzuflüsse von 41 Mrd. Dollar. Das ist der höchste Wert der vergangenen 10 Jahre. Die Bull/Bear-Ratio der Rydex-Fondsfamilie zeigt, dass für jeden Dollar, der hier auf fallende Kurse gesetzt wird, Wetten in Höhe von 5 Dollar auf steigende Preise abgeschlossen werden. Die niedrigen Put-Call-Ratios bestätigen dieses Bild

Der folgende Chart zeigt Ihnen den Kursverlauf des S&P 500 seit 2007 sowie die Investors Intelligence Bull/Bear-Ratio, ein Sentimentindikator, der auf einer Auswertung der unabhängigen US-Börsenbriefe basiert. Dieser Indikator hat einen Extremwert von 3,19 Punkten erreicht. Wie selten und wann genau das in der Vergangenheit der Fall war, sehen Sie auf dem Chart.

S&P 500 und Bull/Bear-Ratio, 2007 bis 2013
Die Stimmung ist so bullish wie am Top des Jahres 2007.
Quelle: Quelle: www. decisionpoint.com

Spekulieren auf Kredit wie nie zuvor

Abschließend zum Thema Sentimentindikatoren möchte ich Ihre Aufmerksamkeit auf die US-Wertpapierkredite lenken. Diese wichtige Kennzahl hat im September ein Allzeithoch von 401 Mrd. Dollar erreicht. Der Höchstwert des Jahres 2000 belief sich auf 278 Mrd. Dollar und fiel mit dem Höhepunkt der damaligen spektakulären Aktienblase zusammen.

Erst im Januar 2007 wurde dieser Wert überschritten. Er erreichte im Juli den Höchststand des damaligen Zyklus bei 381 Mrd. Dollar, just als auch die Aktienmärkte ihr Top markierten. Im Gleichschritt mit den Aktienkursen ging es dann bergab. Die Summe der Wertpapierkredite fiel im Februar 2009 auf das zyklische Tief von 173 Mrd. Dollar.

Die Rekordmarke aus dem Jahr 2007 wurde erst im April 2013 mit 384 Mrd. Dollar leicht überschritten, bevor es im September zu der oben genannten weiteren deutlichen Zunahme des Spekulierens auf Kredit gekommen ist. Die freundliche Börse im Oktober legt in Verbindung mit anderen Sentimentindikatoren die Vermutung nahe, dass sich der Anstieg weiter fortgesetzt hat.

Vollgas geben, Augen zu und durch

In den vergangenen drei Monaten hat die Geldmenge MZM annualisiert um stattliche 11,4% zugelegt. Während die Börsianer keine Furcht mehr kennen, deutet dieser scharfe Anstieg des US-Geldmengenwachstums darauf hin, dass den Zentralbankbürokraten der Angstschweiß auf die Stirn getreten ist und sie erneut geldpolitisch Vollgas geben. Warum?

Ist es etwa die Angst vor der eigenen Courage? Oder die Angst vor steigenden Zinsen? Oder gar vor dem sich abzeichnenden verheerenden Ende des atemberaubenden geldpolitischen Experiments der vergangenen Jahre, das im Widerspruch zu allen geldpoltischen Erfahrungen und Theorien steht?

Wahrscheinlich verhält sich alles sehr viel banaler. Wahrscheinlich macht sich unter den Herren der Gelddruckmaschine Panik breit, weil sie erkennen mussten, dass die US-Wirtschaft trotz ihrer herkulischen Bemühungen nicht vor dem erhofften Aufschwung steht, sondern vor einer Rezession.

Und Rezessionen müssen in diesen verrückten Zeiten bekanntlich verhindert werden, koste es, was es wolle. Also: Vollgas geben, Augen zu und durch.

Ich wünsche Ihnen ein erholsames und fröhliches Wochenende,

Herzliche Grüße,

Ihr

P.S.: In eigener Sache: Am 9. November werde ich um 13:15 Uhr auf der Edelmetallmesse in München einen Vortrag über "Das große Bild" halten, und bereits am 8. November um 13:00 für pro aurum - ebenfalls auf der Edelmetallmesse - den Fokus etwas stärker auf den Goldmarkt legen.

Was machen eigentlich … meine Steuergroschen?

Kostenexplosionen bei staatlichem Bauen

Wo sind sie denn nur hingekommen, meine Steuergroschen?
Autor: Gotthilf Steuerzahler

Liebe Leserinnen und Leser,

warum geht nur so viel schief, wenn der Staat als Bauherr auftritt, frage ich mich immer wieder. Meistens dauert es länger als geplant und die Kosten laufen aus dem Ruder. Privatleute bauen doch auch und schaffen es gewöhnlich, ihre Kosten im Griff zu halten. Es muss wohl an den Steuergeldern liegen, dass bei staatlichen Baumaßnahmen nicht gut gewirtschaftet wird.

Mit Steuergeldern wird ja generell nicht sorgfältig umgegangen. Oder steckt hinter den Kostenexplosionen bei staatlichem Bauen noch etwas anderes, machen sich da einige Leute heimlich die Taschen voll? Pressemeldungen der letzten Jahre aus Nordrhein-Westfalen haben mich diesbezüglich sehr nachdenklich gemacht.

Vor einigen Jahren haben viele Bundesländer ihre staatliche Bauverwaltung reorganisiert. Die bisherigen Behörden wurden in Landesbetriebe umgewandelt, die sich nach kaufmännischen Grundsätzen um die Immobilien des betreffenden Bundeslandes kümmern sollen.

So auch in Nordrhein-Westfalen, wo im Jahr 2001 der Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW errichtet wurde mit dem Auftrag, das Immobilienvermögen des Landes zu betreuen und die Unterbringung der Landesdienststellen sicherzustellen. Mehr kaufmännisches Denken für die frühere staatliche Bauverwaltung, eine feine Sache. Aber wurde dieser Anspruch auch tatsächlich eingelöst, wurde wirtschaftlicher mit den Steuergeldern umgegangen? Einige in letzter Zeit bekanntgewordene Fälle sprechen eine andere Sprache.

Kostensteigerungen sind bei öffentlichen Bauten üblich

Mehrfach gab es enorme Kostensteigerungen, wenn der Bau- und Liegenschaftsbetrieb Grundstücke erwarb und darauf Bauten errichten ließ. Nun hat es Baupreissteigerungen im Zusammenhang mit staatlichen Bauten auch schon vor Errichtung des Bau- und Liegenschaftsbetriebs gegeben. Zum einen plant die Politik bei großen Baumaßnahmen von vorneherein mit viel zu geringen Kosten, um die öffentliche Meinung für das Vorhaben zu gewinnen. Zum anderen geben interessierte Baufirmen bei Projekten der öffentlichen Hand unrealistisch niedrige Angebote ab, um den Zuschlag bei den vorgeschriebenen Ausschreibungen zu bekommen. Hat man die Aufträge erst einmal in der Tasche, kommen die wahren Kosten nach und nach auf den Tisch. Für den Staat gibt es kein Zurück mehr, wenn die Kosten aus dem Ruder laufen, einmal begonnene Vorhaben werden in jedem Fall durchgezogen.

Merkwürdige Zufälle häufen sich

Neben den üblichen Kostensteigerungen kam es bei Bauprojekten des Bau- und Liegenschaftsbetriebs mehrfach zu merkwürdigen, nicht nachvollziehbaren Vorkommnissen. Da wurde ein altes Wasserschloss für mehrere Millionen Euro gekauft. Doch nach nur vier Monaten schrieb der Bau- und Liegenschaftsbetrieb die Anschaffungskosten für Grundstück und Gebäude in seiner Bilanz auf null Euro ab. Man hatte eine wertlose Ruine gekauft. Hätte man vielleicht vorher merken können, aber kann ja mal passieren.Wiederholt kam es vor, dass sich private Investoren für wenig Geld Grundstücke gesichert hatten, auf denen der Bau- und Liegenschaftsbetrieb Bauten für das Land errichten wollte. Was für Zufälle es manchmal gibt! Dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb blieb dann nichts anderes übrig, als den Investoren diese Grundstücke für viel Geld wieder abzukaufen. Für viel Geld deswegen, weil die Grundstücke in der Zwischenzeit eine enorme Wertsteigerung erfahren hatten. Manchmal vervielfachte sich der Preis in nur wenigen Monaten. Der Ankauf für das Land musste aber sein, denn die Landesbauten sollten auf diesen Grundstücken ja wie geplant errichtet werden.

In einem Fall wurde dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb ein Grundstück geradezu vor der Nase weggeschnappt, und dies, obwohl die öffentliche Hand ein Vorkaufsrecht hatte. So ein Pech aber auch, da hatte wohl jemand vergessen, das Vorkaufsrecht auszuüben. Kein Wunder, dass bei so vielen kostentreibenden Faktoren dieses Bauvorhaben letztendlich 200 Millionen Euro kosten wird. Die ursprüngliche Kostenschätzung hatte sich auf bescheidene 30 Millionen Euro belaufen.

Staatsanwaltschaft und Parlament ermitteln

Die teuren Merkwürdigkeiten und Zufälle beim Bau- und Liegenschaftsbetrieb führten irgendwann dazu, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufnahm. Der Vorwurf der Korruption steht im Raum. Einer der Geschäftsführer des Bau- und Liegenschaftsbetriebs saß zeitweilig in Untersuchungshaft. Auch der nordrhein-westfälische Landtag beschäftigte sich mit der Kostenexplosion bei verschiedenen Bauprojekten. Im Jahr 2011 wurde ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt, der aufklären sollte, ob hier Steuergelder unnötig ausgegeben wurden und wer für die geschilderte Entwicklung verantwortlich war. Die Aufarbeitung gestaltet sich aber schwierig, da der Bau- und Liegenschaftsbetrieb seine Arbeitsweise, wie es so schön hieß, „nur unzureichend dokumentiert“ hat. Ergebnisse des parlamentarischen Untersuchungsausschusses liegen dementsprechend bis heute noch nicht vor. Böse Zungen behaupten, der Ausschuss werde so lange untersuchen, bis eventuelle Schadenersatzansprüche gegen die Verantwortlichen wegen Verjährung nicht mehr geltend gemacht werden können. Es hingen zu viele Leute in dieser Sache mit drin. Dies, liebe Leserinnen und Leser, halte ich für eine ganz gemeine und bösartige Unterstellung! Es grüßt Sie

Ihr gleichwohl etwas irritierter

 
Gotthilf Steuerzahler